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Danzig und Marienburg

Bürgerverein Nord fährt nach Danzig

Zu einer 5-Tages-Fahrt nach Danzig machten sich 56 Mitglieder des Bürgervereins Nord auf. Nach genau 15 Stunden war das Hotel erreicht. Es war zentral auf der Speicherinsel gelegen, so dass einige noch am selben Abend die herrlich beleuchtete Innenstadt erkundeten.
Am zweiten Tag stand vormittags eine Stadtführung auf dem Programm. Am Wahrzeichen Danzigs, dem Krantor, ging es in die Altstadt. Das Krantor hat 2 Kräne à 4 Tonnen Gewicht von 11 Metern Höhe, die 2 oberen Kräne wiegen je 2 Tonnen und sind 27 m hoch. Interessant war, dass die Kräne früher durch 4 riesige hölzerne Laufräder, in denen je 4 - 9 Männer "strampelten", hochgehoben wurden. Die Häuser in der Frauengasse und viele andere Örtlichkeiten werden immer wieder als Filmkulisse genommen, z. B. für die Filme "Die Buddenbrooks" und "Die Blechtrommel". Weiter ging es zum Rathaus, zum goldenen Haus, dem schönsten Haus Danzigs, zur ältesten Kneipe, dem Lachs, vorbei am Rathaus zur Marienkirche. Dieses Bauwerk stammt aus dem Jahre 1572 und hatte eine Bauzeit von 150 Jahren. Sie hat 30 Kapellen und 60-70 Priester! 1947 wurde sie nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg wieder aufgebaut. Immer wieder stieß man auf Stellen, die noch auf die Zerstörung im Krieg hindeuteten. Danzig wurde zu 93 % zerstört. Die Stadt war im 16.Jh. die größte und reichste Stadt Europas mit 358 Speichern. Nach dem 2. Weltkrieg gab es noch einen! Die Hopfengasse hatte damals 150 Brauereien.
Nachmittags ging es mit dem Bus nach Zoppot und nach Oliwa. Im Seebad Zoppot wurde bei herrlichem Wetter die längste Holzbrücke der Ostsee erkundet, die prächtigen Kuranlagen und der Strand. Die Anfänge des Kurbades kommen von Kaiser Napoleon, der mit dem Arzt Georg Haffner die Seebrücke errichten ließ. Mit 50.000 Einwohnern ist Zoppot die zweitreichste Stadt nach Warschau in Polen. Der Quadratmeterpreis beträgt hier € 5.000! Aufschwung für die Stadt brachte auch 1909 die Errichtung einer Waldoper, die mit 3.500 Sitzplätzen und noch mehr Stehplätzen 23.000 Zuschauer fasst.
In der Stadt Oliwa wurde der französische Garten und das Palais aus dem 18. Jahrhundert angesehen. Mit Bäumen aus aller Welt hat der Gärtner Salzmann eine englische Parkanlage geschaffen. Dann kamen alle Besucher noch in den Genuss eines kleinen Orgelkonzerts im Dom zu Oliwa. Dieser Bau ist mit 107 Metern länger als die Marienkirche!
Am dritten Tag war das Ziel Kaschubien. Das Gebiet der Kaschuben, das sich westlich von Danzig erstreckt, besteht aus einer hügeligen Moränenlandschaft mit Wäldern und malerischen Seen. So richtig berühmt wurde dieses nordöstlichste Eckchen Polens durch den Roman "Die Blechtrommel" des Danziger Literatur-Nobelpreisträgers Günter Grass. In einem Museum konnte man sich über die kaschubische Volkskunst, Traditionen, Trachten, Kunsthandwerk, der Musik und der eigenen Sprache informieren. Diese eigene Stammessprache hat noch 10% deutschen Einfluss. Heutzutage gibt es noch 200.000 Kaschuben. In einem idyllisch an einem See gelegenen Restaurant gab es mittags eine Stärkung bevor der Ausflug durch die wunderschöne Lansdschaft mit Wäldern und Seen wieder in Danzig endete.
Am 4. Tag ging es morgens durch eine ganz andere Landschaft, flach und zum Teil unter dem Meeresspiegel gelegen, zum Oberländischen Kanal. Erbaut wurde der Kanal 1860. Die Landschaft war im ehemaligen Ostpreußen die Kornkammer Deutschlands. Auf dem Kanal, der das Frische Haff mit den Seen Masurens verbindet, gibt es dank des Geniestreichs eines Königsbergers Ingenieurs 5 technisch simple Landrutschen, die den Höhenunterschied von 104 Metern auf 178 km Länge ausgleichen.
Diese Landrutschen für die Boote funktionieren ohne technische Hilfsmittel. Während einer 2 1/2 stündigen Fahrt konnte man sich von der erstaunlichen Ingenieursleistung überzeugen und gleichzeitig die Beschaulichkeit der Landschaft bei Kuchen, Getränken, Danziger Goldwasser und Bärenfang genießen. Die komplette Kanaltour von Osterrode nach Elbing würde 11 Stunden dauern. Mit dem Bau der Eisenbahn verlor der Kanal seine wirtschaftliche Bedeutung und ist heute nur noch eine Touristenattraktion im Sommer.
Als die 90 Meter hohe Kirchturmspitze von Elbing zu sehen war, gab der launige Reiseleiter noch nützliche Informationen für den idealen Urlaub: Kirchen von außen, Berge von unten und die Kneipen von innen. Oder kleine Polnischstunde: "10 Kühe" ohne "ü" gesprochen ist das polnische Wort für "danke", in Ostpreußen gibt es nur 2 Jahreszeiten: lange kalte Winter und kurze intensive Sommer.
Im nahegelegenen Herrenhaus "Patac Drulity" wurde allen Piroggen, also Maultaschen, serviert. Diese Köstlichkeit gab es im schönen Garten des stattlichen Hauses. Anschließend führte der amerikanische Hausherr die Gruppe durch sein 150 Jahre altes Anwesen, welches er seit 20 Jahren renovieren und restaurieren lässt.
Am Nachmittag wurde die Marienburg besichtigt. Diese alte Residenz der Kreuzritter ist die größte gotische Festungsanlage Europas. Die Burg ist auf der Liste des UNESCO Weltkultur- und Weltnaturerbe eingetragen. Nach einer 2-stündigen Führung durch die imposante Anlage fuhren alle Teilnehmer ins Danziger Hotel zurück, um beim Abendessen die vielen neuen Eindrücke zu verdauen.
Viele Reiseteilnehmer hatten einen persönlichen Bezug zu dieser Reise: Sei es, dass sie dort geboren wurden, die Eltern von dort geflüchtet sind, oder die Großeltern durch den Kanalbau nach Brunsbüttelkoog kamen.
Die Heimreise am 5. Tag begann sehr früh und sollte noch einmal 14 1/2 Stunden dauern. Der Busfahrer hatte aber noch eine Überraschung bereit und nahm eine andere Route nach Hause, und zwar über Usedom, wo es bei Swinemünde über die Swine mit einer Fähre ging, die schon etwas an Brunsbüttel erinnerte.

BZ vom 07.09.2019